Blitz setzt Ludgerikirche in Brand
Große Aufregung am Dienstagabend am Norder Marktplatz. Die gesamte Freiwillige Feuerwehr Norden hat sich um die Ludgerikriche aufgestellt. Auch das Deutsche Rote Kreuz ist eingespannt. Einige Einsatzkräfte tragen Feuerwehrgerätschaften in das historische Gebäude, andere tragen Kircheninventar ins Freie und bringen es in Sicherheit. Die seit dem 13. Jahrhundert erbaute Ludgerikirche brennt.
Was für Küster Jens Lerch, Pastor Martin Specht und sicher für viele Norder Bürger und Kirchenliebhaber wie ein Alptraum klingt, ist das von den Feuerwehrleuten Norbert Krüger und Thomas Weege ausgedachte Szenario der diesjährigen Frühjahrsübung der Norder Feuerwehr.
Während eines kurzen Unwetters sollte ein Blitz in den Dachstuhl des insgesamt 80 Meter langen Gebäudes eingeschlagen sein. An mehreren Stellen kommt es zu im Dachinneren zu Schwelbränden. Doch die Feuerwehr wird zunächst nur zu einem Sturmschaden an dem Gebäude gerufen. Erst als die Einsatzkräfte vor Ort sind und sich um eine beschädigte Dachrinne kümmern, entdecken sie den Brand. Einsatzleiter Uwe Bents muss jetzt umschalten und seine Einsatzkräfte auf die neue Situation einstellen. Aus einem Bagatelleinsatz droht nun eine Brandkatastrophe zu werden.
Sofort sind Bilder vom Brand der Pariser Kathedrale Notre-Dame im Jahr 2019 präsent. Dieser Brand war auch tatsächlich Ideengeber für die Inhalte dieser Großübung. Schon damals hatte man sich bei der Norder Feuerwehr Gedanken, um die Bewältigung eines Brandes in der Ludgerikriche gemacht. Schließlich zählt die etwa 800 Jahre alte evangelisch-lutherische Kirche zu den größten noch erhaltenen Sakralbauten des Mittelalters in Ostfriesland. Die Arp-Schnittger-Orgel aus der Barockzeit mit ihren über 3110 Pfeifen genießt internationales Ansehen.
Während die Wasserversorgung im Umfeld der Kirche mit diversen Hydranten und Feuerlöschbrunnen für die Feuerwehr relativ komfortabel ist, ist Suche nach dem Brandherd eine besonders schwere Aufgabe. Die miteinander verbundenen Dachstühle des Hochchors sowie des Mittelschiffs sind verraucht. In sie hinein, führt nur eine schmale gemauerte Wendeltreppe. Die Atemschutzgeräteträger sind schon sichtlich erschöpft, als an der Rauchgrenze in rund 20 Metern Höhe ankommen. Der weitere Aufstieg in den bis zu 37 Meter hohen Dachstuhl des Hochchors fordert den Einsatzkräften alles ab. Als erstes stoßen sie dort auf den vermissten Pastor. Er hatte noch versucht selbst zu löschen und hatte sich hierzu in zu große Gefahr begeben. Ihn nach unten ins Freie zu tragen ist eine wahre Herausforderung. Ebenso eine weitere Person muss aus einem der drei Dachstühle mit der Drehleiter gerettet werden. Die Atemschutzgeräteträger suchen weiterhin mit mehreren Wärmebildkameras nach kleinen Brandherden in dem hölzernen Gebälk. Trinkflaschen mit warmen Wasser stellen diese nach. Leicht zu erreichen sind sie nicht.
Der notwendige Löschangriff wird mit aller Vorsicht und Angemessenheit vorgenommen. Dennoch sucht sich das verbrauchtes Löschwasser seinen Weg. Ein Teil tropft genau über der Orgel aus der Decke. An deren Stellen tropft es auf Bilder, die Kanzel und auf anderes Mobiliar. Alles Gegenstände, von unfassbar geschichtlichem Wert. Werden sie beschädigt, ist der Schaden irreparabel.
So steht neben Brandbekämpfung und Menschenrettung auch die Rettung von Kulturgut im Fokus der Feuerwehr. Eine seltene Aufgabe, die besondere Maßnahmen erfordert. Einige Gegenstände sind so groß und schwer, dass man sie nicht transportieren kann. Andere sind fest in der Kirche verankert. Die Feuerwehr versucht die Gegenstände mit Folien abzudecken. Andere dagegen sind beweglich und können an einen sicheren Ort in der Kirche oder in ein Feuerwehrfahrzeug gesichert werden. Die Niederdeutsche Bühne Norden hatte der Feuerwehr hierzu Requisiten für die Übungsgestaltung bereitgestellt.
Abschließend konnte der Verlauf von allen Verantwortlichen als sehr positiv bewertet werden. Gleichwohl man für alle Aufgaben, wie beispielsweise den Schutz der Orgel, keine Musterlösung parat hat. Hier müssen Feuerwehr und Kirche anlassbezogen kreative Lösungen entwickeln und das hat bei der Übung sehr gut funktioniert. Besonders wurde die Verantwortung der Feuerwehr für dieses historisch bedeutsame Objekt deutlich.