Herbstübung im Norddeicher Hafen

22.10.2024, 19:30 Uhr, geschrieben von Thomas Weege in Aktuelles »

Das ein Feuer im Norddeicher Hafen schwerwiegende Folgen auf die europäische Stromversorgung haben kann, das war am Dienstag eine wichtige Erkenntnis der diesjährigen Herbstübung der Freiwilligen Feuerwehr Norden. Wie auch in anderen Jahren, war in diesem Jahr auch wieder das Deutsche Rote Kreuz (DRK) beteiligt. Übungsobjekt war diesmal die Betriebszentrale des Offshore-Windparkbetreibers Ørsted. Er betreibt von Norddeich aus vier Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee. Diese und ein Park in den Niederlanden werden von dort aus überwacht. Ebenso erfolgt von dort die Ersatzteilversorgung sowie die Organisation der Serviceeinsätze der deutschen Parks.

Um 19.35 Uhr löste zunächst die automatische Brandmeldeanlage des dänischen Unternehmens aus. Bei Ankunft der Feuerwehr stand eine schreiende Mitarbeiterin an einem Fenster des Obergeschosses. Hinter ihr drang dichter Rauch ins Freie. Die Brandmeldeanlage zeigte den Einsatzkräften zudem unterschiedliche Auslösebereiche in dem weitläufigen Gebäude an. Dies deutete auf zwei Brandherde hin. Bei der Befragung weiterer Mitarbeiter und folgender Erkundung entdeckten die Feuerwehrleute tatsächlich einen zweiten Brandherd in einer Lagerhalle. Noch während die ersten Maßnahmen eingeleitet wurden, ereignete sich in einer weiteren Lagerhalle ein Unfall. Einer der flüchtenden Mitarbeiter war von einem Gabelstapler überfahren und unter seiner Ladung eingeklemmt worden. 

Stadtbrandmeister Thomas Kettler und Zugführer Ralf Scharfenort, die die Übung vorbereitet hatten, haben damit für erhebliche Schwierigkeiten gesorgt, die dynamische Lage zu erfassen, Schwerpunkte zu bilden und Maßnahmen zur Abarbeitung zu treffen. Einsatzleiter Thomas Weege versuchte den Überblick zu behalten und teilte die Einsatzstelle hierzu in drei Einsatzabschnitte ein und übergab die Abschnittsleitungen an zwei Zugführer der Feuerwehr sowie einen des DRK. Thijs Schless, Betriebsleiter am Standort Norddeich, versorgte ihn immer wieder mit neuen und wichtigen Informationen und nahm Fragen und Aufgaben entgegen. Deutlich wurde, dass das Unternehmen sehr gut auf Notfälle vorbereitet ist, aber auch immer ein offenes Ohr für Verbesserungsvorschläge hat.

Während mehr als 100 Einsatzkräfte sich um Menschenrettung, Brandbekämpfung, Wasserversorgung sowie Betreuung von beteiligten Personen kümmerte, kamen die obersten Leitungsfunktionen der Blaulichteinheiten, aber auch des Betriebes, sowie der Stadtverwaltung im Einsatzleitwagen 2 des Landkreises Aurich zusammen. Hier wurde das gesamte Lagebild zusammengetragen und wichtige Informationen ausgetauscht. Bürgermeister Florian Eiben und Mitglieder des Fachausschusses für Feuerwehr, Ordnung und Sicherheit wurden aktiv in die Lagebesprechungen mit eingezogen. Dies erwies sich als sehr aufschlussreicher Austausch.

Im Ernstfall hätte die psychologische Betreuung von zirka 40 anwesenden Beschäftigten eine umfassende Aufgabe dargestellt. Schließlich sah die Übung vor, dass das vom Gabelstapler erfasste „Opfer“ vor Ort verstorben ist. Aber auch für solche Ereignisse, kann Orsted interne Meldeketten auslösen und Maßnahmen mit den Einsatzkräften einleiten. Die größte Gefahr wäre, dass der Betrieb durch ein Ereignis oder seine Folgen die Kontrolle über seine Windparks verliert. Diese hätte unmittelbare Folgen auf die Stromversorgung in Deutschland und Teilen von Europa. Thijs Schless machte dies in einem Vergleich deutlich: „Rechnerisch steuern wir von Norddeich aus die Leistung von zwei Atomkraftwerken“. Die Feuerwehr muss daher ihren Schwerpunkt nach der Menschenrettung auf die Verteidigung der systemkritischer Infrastruktur legen. Hier kann ein taktischer Fehler der Einsatzkräfte schwerwiegende Folgen haben. Bei einer anschließenden Objektbegehung konnten sich die Einsatzkräfte davon überzeugen, dass das Gebäude über erhebliche Sicherheitsvorkehrungen verfügt. Eintrittswahrscheinlichkeit und Schwere der Folgen sind so auf ein niedrigstes Niveau reduziert.      

Fotos: Feuerwehr Norden